pi Kromfohrländerzucht

20.07.20

Ein neues Kapitel in der Geschichte der Weberkarde-Kromfohrländerzucht liegt in der Schublade. Noch ist alles graue Theorie, dieser sind allerdings sehr, sehr viele Gedanken vorausgegangen. Wie schon bei der Kromudelzucht wird erst die Zeit weisen, ob ich die Schritte in die richtige Richtung setze.

Jede Zuchtvariante hat ihre Vorzüge und Tücken. Es ist nicht immer der bequemste oder schnellste Weg, der für mich zählt, sondern eher, wie gut man am nächsten Etappenstopp beieinander ist, um sein Ziel in Höchstform zu erreichen. Leider ist man, wenn man mit Kromfohrländergenen im Ränzlein lospilgert, nicht gerade mit üppigem Gepäck ausgestattet und muss mit dem vorlieb nehmen, was man hat. Sinn der Reise ist es, vielfältige gute Gene einzusammeln, um den Hunden aus unserer Zucht die Chance auf ein möglichst gesundes Leben zu bieten.

Für diese Reise gibt es keine genaue Landkarte, sondern nur grobe Hinweise, egal, welchen Weg man einschlägt. So ein Unterfangen beinhaltet also immer das Risiko, auf dem Holzweg zu sein, in eine Sackgasse zu geraten, Wegweiser zu übersehen oder ganz einfach auch vom Pech verfolgt zu werden. Oder im Umkehrschluss, vom Glück gesegnet zu sein, trotz mancher Nebelbank, dunkler Pfade und missgünstiger Menschen sein Ziel nicht aus den Augen zu verlieren und -und das ist das Schwierigste- den Mut und die Zuversicht zu behalten, wenn es Rückschläge gibt.

Viele Wege führen nach Rom, wie man so schön sagt. Was dieses pi bedeuten soll und für welchen Weg in der Zucht ich mich vorerst entschieden habe, möchte ich nachfolgend erläutern, um den Menschen, die sich für unsere Hunde interessieren, eine Orientierung zu geben.

09.08.20

Welche Varianten der Kromfohrländerzucht werden praktiziert ?

Zum Ersten gibt es die „klassische“ Zucht. Nur rassereine Kromfohrländer werden miteinander verpaart. Auch die Haararten –glatt und rau- werden getrennt voneinander gezüchtet und nur in Ausnahmefällen gemischt. Die Welpen bekommen FCI-Papiere. Diese Zuchten gibt es hauptsächlich in Deutschland, der Schweiz, in Finnland und zum kleinen Teil  in einigen anderen Ländern.

Zum Zweiten gibt es ein Einkreuzprojekt in Deutschland, bei dem eine einzige Fremdrasse mit dem Kromfohrländer verpaart wird und deren Nachkommen wieder mit reinrassigen Kromfohrländern verpaart werden, bis man nach 4 Generationen nur noch Kromfohrländer auf der Ahnentafel stehen hat. Die Haararten werden nicht exakt getrennt und auch Kromis eingesetzt, die nicht immer 100%ig im Rassestandard stehen. Trotzdem ist sowohl Rauhaar- als auch Glatthaarzucht im Kromfohrländerstandard das Ziel. Das Projekt beinhaltet auch einen Teil rassereine Kromfohrländerzucht. Man hat einen eigenen Verein gegründet, “ProKromfohrländer”, und die Hunde bekommen von diesem Papiere.

Zum Dritten gibt es ein Projekt, das genauso funktioniert wie das 2., allerdings wird dort nicht nur eine Fremdrasse, sondern  getrennt voneinander mehrere Rassen eingesetzt. Dieses Projekt läuft in Finnland als Registerzucht des finnischen Kromfohrländerzuchtvereins, der auch rasserein züchtet. Die Hunde, sowohl die rassereinen als auch die Projekthunde, bekommen FCI-Papiere. In Finnland gibt es hauptsächlich rauhaarige Kromfohrländer.

Zum Vierten gibt es ein Einkreuzprojekt, das hauptsächlich Mischlinge (meist unbekannter Herkunft), die dem Kromi ähnlich sind, mit dem Kromfohrländer verpaart. Dort werden deren Nachkommen nicht gleich wieder mit rassereinen Kromfohrländern verpaart, sondern mit weiteren Mischlingen mit wenig oder z. T. auch gar keinem Kromfohrländeranteil. Man hat sich auf die Zucht der rauhaarigen Haarart spezialisiert, der Bart ist bei Zuchthunden ein Muss. Auch hier hat man einen eigenen Verein gegründet, den VRK, und die Hunde bekommen von diesem Papiere. Diese Züchter gibt es in Deutschland und der Schweiz.

Und dann gibt es noch ein paar freie Züchter, die ohne Vereinszugehörigkeit arbeiten. Wie diese züchten, untersteht keinen Verbandskriterien, sondern der Eigenregie und-verantwortung.

 Welche sind die Vor- und Nachteile der Zuchtvarianten?

Jede Variante birgt gute und risikoreiche Seiten und es liegt mir fern, die verschiedenen Zuchtarten zu werten. Im Gegenteil, neben der rassereinen Zucht existieren die anderen Zuchtprojekte nun auch schon ein paar Jährchen und von deren Erfahrungen kann man profitieren, wenn man einen offenen Geist hat. Jeder versucht, es auf seine Weise richtig zu machen und lebt sowohl mit Erfolgen als auch mit Problemen.

Der Vorteil der reinrassigen Zucht: Man weiß, was man kriegt. Der Nachteil: Die Inzucht beim Kromfohrländer ist exorbitant hoch und steigt immer noch stetig an, so dass Verpaarungen nur noch zwischen genetisch engsten Verwandten stattfinden können. Ein immer schlechter arbeitendes Immunsystem und ein fast 30%iges Risiko für diverse Erb- und Autoimmunerkrankungen, Krebsleiden und auch psychische Instabilität ist die Folge.

Der Vorteil beim Einkreuzen von Rassehunden liegt neben der Zufuhr von frischem Erbgut darin, dass man viel über die Vorfahren der eingekreuzten Rasse weiß und diese Kreuzung bei Erfolg beliebig oft wiederholen kann. Der Nachteil: Diese Art der Genauffrischung ist eine langsame Angelegenheit und dauert Jahre, Rückschläge inklusive. Die Zweitrasse sollte neben optischer und wesensmäßiger Eignung eine sein, die über viele Zuchttiere verfügt oder ein sehr breit gefächertes Erbgut mitbringt.

Der Vorteil beim Einkreuzen von Mischlingen liegt in der Genvielfalt. Man ist dort sehr schnell bei einem hohen Fremdblutanteil, wovon man sich bereits in den ersten Generationen mehr Genvarianz und dadurch Robustheit und Gesundheit verspricht. Der Nachteil: Ungewisse Herkunft kann unliebsame Überraschungen bergen. Man weiß auch noch nicht bis ins Detail, wie sich das Verhalten vererbt. Bei sehr viel verschiedenem Fremdblut wäre es durchaus möglich, dass Eigenschaften zum Vorschein kommen, die beim Kromfohrländer nicht erwünscht sind, inklusive recht uneinheitlicher Optik.

Der Vorteil des freien Züchters: Er entscheidet selbst, wie er verfahren will und muss sich nicht den manchmal unsinnigen Zwängen oder dem Machtgeplänkel einer Verbandsorganisation beugen, die ihren Sinn, nämlich gesunde, wesensfeste Hunde hervorzubringen, oft längst verloren hat. Wenn er ein Ziel vor Augen hat und dies mit aller Sorgfalt verfolgt, macht er oft bessere Arbeit als ein unwissender Zuchtanfänger, der sich so gut wie gar nicht informiert hat und sein Hirn an der Tür des Zuchtvereins abgibt. Der Nachteil: Es gibt kein Regulativ von außen. Will man vielleicht nur ein einziges Mal Welpen haben und sich die Mühe der Zuchtzulassung deswegen nicht antun, kann man mit ordentlicher Beratung durchaus gute Welpen haben. Wahrscheinlich wollen diese Einmalzüchter einen Welpen davon behalten und daher liegt es im eigenen Interesse, einen vernünftigen Wurf zu machen. Setzt man aber ohne Verstand und Hintergrundinformation über die Verpaarung einfach zwei Hunde der gleichen Rasse aufeinander, kann das fatal enden. Hie und da, allerdings wirklich nur ganz vereinzelt, gibt es Leute, die einen Kromi, Kromimix oder einen ähnlich aussehenden Hund haben und mit dem Namen Kromfohrländer Geld verdienen wollen. Diese werben mit schwammigen Internetanzeigen für Welpen fragwürdiger Abstammung und Herkunft. Hier ist der Welpenkäufer sehr stark gefordert, das Vorgehen des freien Züchters zu hinterfragen.

Und wo stehe ich mit meiner Zucht?

Für mich selbst habe ich eine Verbindung aus Vereins- und vereinsloser Zucht gewählt, da es für mein Zuchtprojekt keinen passenden Verein gibt. Meine Vorgehensweise entspricht der eines Züchters, der in einem Verein züchtet. Meine Hündin hat eine lückenlose Ahnengalerie. Alle Gesundheitsuntersuchungen für die Zuchttiere sind belegbar durchgeführt und die Verpaarung wird mit Beratung von kompetenten Menschen gewählt, die viel Erfahrung mit und Ahnung von der Kromizucht haben. Die Welpen bekommen ein DNA Screening und alle Daten werden gesammelt. Lediglich offizielle Papiere bekommen sie nicht, sondern “nur” eine Ahnentafel mit 4 Generationen.

Tatsächlich könnte ich bereits mit FCI Registerpapieren züchten. Ich müsste Milli nur zu einer Phänotypisierung schleppen und eine Ausstellung besuchen sowie eine Begleithundeprüfung ablegen. Warum ich das nicht mache? Weil ich in der Wahl der Zuchtpartner für Milli eingeschränkt wäre. Ich müsste zwingend einen Rüden mit FCI Papieren wählen. Es gibt aber mittlerweile auch aus den Projekten der Kromivereine, die nicht unter dem Mantel der FCI züchten, hervorragende Rüden. Meistens haben die sogar eine viel höhere genetische Diversität und sind mit bedeutend mehr Weitblick gezüchtet als die FCI Hunde. Ich würde mit der “Papierzucht” die Voraussetzung für gesunde Welpen nicht verbessern, also hat das für mich (noch) keinen Sinn. Und nachdem der deutsche FCI Verein sich bis dato sowieso weigert, Hunde mit Registerpapieren aus Österreich anzuerkennen, obwohl er dazu verpflichtet wäre, bringt es auch nichts für die Rasse.

Da die Wissenschaft voranschreitet und Verpaarung nach genetischer Kompatibilität keine Zukunftsmusik mehr ist, könnte ein Hund aus meiner Zucht evtl. einmal als Zuchtpartner in der Vereins-Kromfohrländerzucht in Frage kommen. Somit könnten die aufgefrischten Gene nicht nur der Gesundung des einzelnen Hundes dienen, sondern eines Tages auch der Rasse der Kromfohrländer zugute kommen. Wer weiß, vielleicht dauert das ja gar nicht mehr so lange???

Mit Milli habe ich eine tolle Hündin für die Fortführung meines kleinen Einkreuzprojekts. Sie hat 11 Vollgeschwister und 20 Halbgeschwister mit Kromianteil, und ihre direkte Kromiverwandtschaft ist mir gut bekannt. Auf der Pudelseite gibt es eine ganze Heerschar an Onkels und Tanten, denn ihr Pudelopa war hauseigener Zuchtrüde und hat enorm viele Nachkommen. Von diesen gingen einige wiederum in die Zucht mit vielen Nachkommen. Ich habe also einen guten Überblick, was in der nächsten Verwandtschaft los ist. Millis Kromfohrländeranteil ist schlau gezüchtet, in den ersten 4 Generationen gibt es keine gemeinsamen Vorfahren und in der 5. auch nur 2. Ihr Pudelanteil ist grandios, ihre Großeltern kommen aus 2 völlig verschiedenen Linien, die wegen deren Farbe normalerweise nicht miteinander verpaart werden. Darunter sind Ahnen aus Amerika, also auch hier wieder aus Linien, die seit Generationen getrennt von den anderen gezüchtet wurden. Deshalb hat Milli mit 44,8% Genvarianz einen Wert, der über dem durchschnittlichen Wert der Einkreuzhunde und selbst von kompletten Mischlingen liegt, obwohl sie aus zwei Rassehunden gezüchtet wurde. Noch dazu mit einer davon, die genetisch sehr verarmt ist.

Dazu kommt, dass Milli einer F1 Verpaarung entstammt, bei der nicht der Vater fremdrassig ist, sondern die Mutter. Man sollte meinen, dass das egal sei. Es gibt aber eine Besonderheit der Zellen, nämlich deren Kraftwerke, Mitochondrien genannt. Diese haben eine eigene DNA, welche nur über die Mutterlinie vererbt wird. Somit kommt auch hier etwas Neues mit. Sollte irgendwann ein Nachkomme in die Zucht gehen und/oder ein Zuchtpartner gewählt werden, der von der Vaterseite mit einer anderen Fremdrasse genetisch aufgefrischt ist, kommt es zu einer sanften, aber nachhaltigen Auffrischung sowohl des umfassenden Erbguts als auch des spezifisch geschlechtlich geprägten. Kleine Abweichungen vom Standard kommen auch je nach gewähltem Zuchtpartner in der F2 Generation noch vor. Aber die gibt es in der reinrassigen Zucht auch immer wieder (schwarz-weiß statt braun-weiß, Länge des Fells und Überraschungen bei der Haarart, zu große oder abstehende Ohren, zu klein/zu groß). Nach wie vor hat die Gesundheit Vorrang vor der Optik. Damit müssen Kromfohrländerinteressenten sowieso immer mal rechnen. Wer einen schablonengleichen Hund mit einem ganz genau definierten Aussehen sucht, ist bei den Kromis grundsätzlich verkehrt.

 

Als vereinslose Züchterin kann ich keine (kromi)weltbewegende Veränderung in Gang setzen. Deshalb versuche ich, mit der entsprechenden Demut an die Weiterzucht heranzugehen. Lange habe ich überlegt, ob ich den nächsten Schritt hin zu “mehr Kromfohrländer” wirklich machen möchte. Schließlich kommen hier wieder Kromfohrländergene zusammen und damit das Risiko für Erbkrankheiten. Also habe ich mir die verschiedenen Zuchtvarianten nochmal eingehend zu Gemüte geführt. Da die reinrassige Zuchtvariante aus bekannten Gründen ausscheidet, habe ich die verschiedenen Einkreuzprojekte durchleuchtet. Es gibt bei allen viele gesunde, aber auch kranke Hunde. Mir persönlich liegt das Mischlingsprojekt nicht so, ich möchte wissen, welche Vorfahren in meinen Welpen stecken. Für abenteuerlichere Experimente fehlt mir die nötige Portion Gelassenheit. Die Variante mit dem gezielten Einkreuzen von Rassehunden kommt meinem Naturell mehr entgegen, darum habe ich mich vorerst dafür entschieden, bei dieser Zuchtvariante zu bleiben. Als freie Züchterin bin ich nach wie vor flexibel und kann jederzeit meine Strategie ändern, wenn ich es für notwendig erachte. So oder so wäre dieses weiterführende Projekt nicht verantwortungsvoll dürchführbar, wenn ich nicht kompetente Menschen aus der Kromizucht als Berater hätte, die mich mit den notwendigen Hintergrundinformationen versorgen. Ohne diese großartigen Menschen hätte ich keine Einsicht in den gesundheitlichen Zustand der Kromiverwandtschaft der gewählten Zuchthunde. Ihnen gebührt mein heißester Dank!

 

Für die nächste Generation möchte ich nicht mehr den Spitznamen“ Kromudel“ für die Welpen verwenden, da der Kromianteil nun wieder deutlich überwiegen wird. Um sie trotzdem von den reinrassigen Kromis aus unserer Zucht zu unterscheiden, habe ich ein „pi“ als Abkürzung für „poodle infused“ davor gesetzt. Man könnte auch “Pudelinhalt-Kromfohrländer” sagen, wenn einem ein deutscher Begriff besser gefällt.

Wir dürfen also gespannt sein, was diese erste pi Kromfohrländer Generation hervorbringt. Eine Portion Glück gehört trotz aller Recherche immer dazu, deshalb ist jeder gedrückte Daumen herzlich willkommen, wenn es soweit ist.

15.09.21

Der erste pi Kromfohrländerwurf hat uns mittlerweile verlassen. Und ich kann mit Freude sagen, dass er unsere Erwartungen weit übertroffen hat. Vor allem vom Wesen her haben die Welpen eher die guten Seiten des Kromfohrländers geerbt, soweit man das in diesem Alter beurteilen kann. Auch optisch können sie sich sehen lassen. Wer sich für die Details interessiert, kann sich den L-Wurf anschauen und durchlesen.

Für mich war vor allem bemerkenswert, dass 4 der L’s nun in Familien leben, die vorher schon Kromfohrländer oder Kromimixe hatten oder haben. Eine weitere Familie hat Erfahrung mit einem Terrier. Und alle diese Leute haben sich ganz bewusst für einen Einkreuzhund entschieden, explizit danach gesucht und haben z. T. weite Strecken auf sich genommen, um so einen Hund zu bekommen. Kein einziger hat sich wieder für einen reinrassigen Kromi entschieden, bzw. man wollte doch eher weg von den Terriereigenschaften. Darüber sollte man nachdenken.

08.12.2022

In unserer Zuchtstätte wird es keine Welpen mehr geben. Vielleicht geht eines Tages einer unserer Abkömmlinge in die Zucht und wenn nicht, dann ist dieses Projekt hiermit beendet. Es wird schon alles so kommen, wie es kommen soll…

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