LA Whizky Bar Honey

LA Whizky Bar Honey

Geboren am 03.05.2012

Honey ist ein American Quarter Horse und mein persönlicher Lottosechser, mein Traumpferd, ein Geschenk des Himmels. Sie ist die Belohnung für all die Mühe, das Lernen, das viele Nachdenken, die Hartnäckigkeit trotz mangelnden Talents, das Hadern und die Geduld (mit den Pferden und mir selbst). Die Geschichte, auf welche Weise sie in mein Leben getreten ist, ist ein bisschen kurios und sehr typisch für mich.

Eigentlich bin ich ein Kopfmensch und zermörsere mir mein Hirn über alles und jedes. Trotzdem sind die Entscheidungen, die ich aus dem Bauch heraus treffe, immer die besten. Es trug sich im Jahre 2011 zu, dass Sugar, das Pferd meiner lieben Freundin Andrea, trächtig war. Sugar ist etwas ganz Besonderes für mich. Als ich sie das erste Mal gesehen habe, ist mir schier der Atem gestockt, weil ich sie so bezaubernd schön fand. Das Fohlen, das zur Welt kam, war ebenso zauberhaft und ich durfte sowohl bei der Geburt dabei sein als mich auch ein wenig an seiner Erziehung beteiligen. Andrea hatte bereits einen weiteren Decksprung für Sugar gekauft, wollte ihn aber nicht wahrnehmen. Außer, ich würde das Fohlen haben wollen. Ich hab eine Nacht drüber geschlafen und, ja, ich wollte. Also habe ich ein Fohlen gekauft, noch bevor es überhaupt gezeugt war. Noch dazu von einem jungen Hengst, der seine erste Decksaison vor sich hatte. Die berühmte Katze im Sack also. Aber ich hatte ein gutes Gefühl und nicht eine Sekunde Zweifel an dieser Entscheidung. Mutter und Vater waren gesund an Körper, Geist und Charakter. Und mir gefiel das Pedigree des zu erwartenden Nachwuchses. Dieses enthält erst mal einen ganzen Sack voll klingender Namen. In den ersten 5 Generationen tummeln sich 10 verschiedene Hall of Fame Mitglieder. Ein Teil Linienzucht aus der Doc Bar-Ecke, ein Teil Working Cowhorse von Doc Tom Tucker, dessen Nachkommen mir besonders gut gefallen. Und zuguterletzt einen schönen Ast Outcross (Vollblut) gegen die stetig steigende Inzucht. Ganz mein Ding.

Das Fohlen, das 11 Monate später das Licht der Welt erblickte, übertraf alle meine Erwartungen haushoch. Leider habe ich die Geburt verpasst, zu schnell war das kleine Fräulein geboren, aber als wir zum Stall kamen, war es noch nass. Da stand sie, meine Honey, groß und kräftig und in unerwarteter Sonderlackierung, nämlich rabenschwarz, ohne ein einziges weißes Haar. Normalerweise brauche ich eine Weile, um zu einem neuen Wesen eine Verbindung aufzubauen, aber hier war augenblicklich klar: Wir gehören zusammen.

Honey entpuppte sich sehr rasch als ausgesprochen selbstbewusst, unerschrocken, neugierig und liebenswürdig. So ist sie heute noch. Dem Menschen freundlich zugetan, kaum aus der Ruhe zu bringen, bereit für jedes Abenteuer. Schon als kleines Fohlen hatte sie überhaupt kein Problem damit, mutterseelenalleine im entferntesten Winkel auf der Wiese zu stehen, während ihre Mutter und das Beistellpony auf eine Runde dösen in den Stall gegangen waren. Mit 4 Monaten zog sie mit ihrer Mama in unsere Herde, wo sie begeistert aufgenommen wurde und so mit einer wunderbar friedlichen und sozialen Gruppe groß werden konnte.

Ich habe mich viel mit ihr beschäftigt, damit sie all das kennenlernt, was ein zukünftiges Reitpferd braucht. In den ersten 3 Monaten war die Basis dran. Aufhalftern, führen, anbinden, Hufe geben, sich putzen lassen, in den Hänger steigen. Erstes Aussacken mit Sprayflasche, Plastiktüten etc. Dann im neuen Stall, ab ca. 5 Monaten, Spaziergänge ohne die Mutti. Wir besuchten die Kühe vom Nachbarn, machten erste Horsemanshipübungen, Bodenhindernisse wie Stangen, Brücke und Wippe, Satteldecke auflegen, kurze Einheiten als Handpferd usw.

Im zweiten Jahr haben wir alles ein wenig vertieft. Als auf einem Turnier ein Trail-in-Hand angeboten wurde (das ist ein Bewerb, bei dem das 2-3jährige Pferd an der Hand geführt wird und einen Parcours mit Trailhindernissen durchläuft), hielt ich eine Teilnahme für eine gute Möglichkeit, unser Gelerntes in fremder Umgebung auszuprobieren. Wir wurden prompt mit dem ersten Platz belohnt.

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Das dritte Lebensjahr war dann doch eine gewisse Herausforderung. Die Babyzeit war vorbei und das habe ich ein bisschen übersehen. Das Fräulein Honey wurde ein wenig halbstark. Gute, einfühlsame Trainer haben mich durch diese Zeit begleitet und wieder habe ich viel gelernt. Honey ist ein sehr angenehmes, in sich ruhendes, nettes Pferd, das auch einen eher ängstlichen Menschen wie mich gut mit ihr leben lässt. Aber sie hat so viel Selbstbewusstsein, dass sie klare Ansagen erwartet und mich einfach nicht ernst nimmt, wenn ich die nicht liefern kann. Dabei macht sie nichts Schlimmes im eigentlichen Sinne, sie ist eher eine Mogelkönigin. Kommandos werden mit geringstmöglichem Aufwand absolviert und sie fragt immer wieder nach, ob sie das, was von ihr gefordert wird, wirklich tun MUSS. Das macht sie natürlich nur bei mir, weil sie mich in- und auswendig kennt. Ein konsequenterer Mensch hat überhaupt keine Probleme mit ihr. Es liegt alleine an meiner Unkonzentriertheit und Nachgiebigkeit. Also wächst auch mit diesem Pferd meine Persönlichkeit weiter.

Das sehr schonende Anreiten im 4. Lebensjahr habe ich einem Profi überlassen. Leider kannte ich damals niemanden in der Nähe, der das nach meinen Vorstellungen gemacht hätte. Also habe ich sie nach Hollabrunn zu Barbara Kristen gestellt. Eine Frau, die Araber zu tiefenentspannten Westerneuropameistern ausbilden kann und dabei noch Parelli-Instruktorin, Österreichs erste Absolventin der Dysli-Akademie und eines Veterinärstudiums ist  und darüber hinaus auch noch eine sehr positive, feine und freundliche Ausstrahlung hat, schien mir mehr als vertrauenswürdig. Wir hätten es besser nicht treffen können. Sie hat Honey mit viel Humor und Einfühlungsvermögen einen soliden Start in ihren zukünftigen Beruf als Reitpferd ermöglicht.

Wir haben es danach beschaulich angehen lassen. Stück für Stück haben wir uns auf unserem gemeinsamen Weg nach vorne getastet. Leider bereitet mir mein Rücken immer wieder große Schwierigkeiten, so dass wir sehr langsam Fortschritte machen. Aber das ist mir nicht so wichtig. Hauptsache, wir haben Spaß miteinander. Und den haben wir in Hülle und Fülle. Honey hat wunderbar weiche Gänge und macht mir so vieles leichter.

Das größte Geschenk ist Honeys Vertrauen. Sie ist überhaupt nicht ängstlich, sondern sehr ruhig und eher der Typ Energiesparer („Whoa“ ist definitiv ihr Lieblingskommando). Wenn ihr doch einmal etwas nicht geheuer ist, bleibt sie normalerweise lieber stehen als davonzulaufen. Im Zweifelsfall vertraut sie mir und bewegt sich spätestens dann an gruseligen Sachen vorbei, wenn ich vorgehe. Aber das ist recht selten. Normalerweise stehe ich mit ihr am Straßenrand und ratsche mit Fußgängern, während LKW’s, Traktoren und Mopeds an uns vorbeituckern.

Da mir die Sache mit der klaren Ansage immer noch schwer fällt, obwohl ich mich schon sehr gebessert habe, probiert sie es manchmal mit Gemecker und tut, als ob man wunder was von ihr verlangen würde. Bleibe ich freundlich-hartnäckig und ignoriere ihre gerümpften Nasenlöcher, lässt sie sich gerne überzeugen und gibt sich dann wirklich große Mühe, es recht zu machen. Es ist so eine Freude, mit ihr zu arbeiten!

Wir haben einen Rinderkurs auf der wunderbaren, gemütlichen Working-Cattle-Ranch von Helena und Werner Altmann- Kunes gemacht, das hat uns beiden sehr gefallen.

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Auch im Trailreiten versuchen wir uns. Dabei gleicht Honey oft meine Fehler aus und ist trotz ihrer Masse sehr geschickt. Außerdem versuche ich, sie im Rahmen meiner bescheidenen körperlichen Möglichkeiten halbwegs ordentlich zu gymnastizieren. Gute Trainer sind mir dabei eine unverzichtbare Hilfe. Sie bügeln meine Talentlosigkeit immer wieder aus und haben viel Geduld mit mir und ein großes Herz für mein Pferd.

 

Honey ist ein großartiges Geländepferd und geht trittsicher über Stock und Stein mit mir, auch ohne Artgenossen im Schlepptau. Egal, ob Schritt, Trab oder Galopp, nie wird sie hektisch oder stürmisch. Im Gegenteil, sie scheint unsere Wanderungen genauso zu genießen wie ich. Interessiert schaut sie sich die Gegend an, sucht sich ihren Weg über Wurzeln und Steine und bummelt tiefenentspannt mit mir durch unser schönes hügeliges Mühlviertel. Sogar die Bäche sind kein Problem mehr, obwohl sie so gar kein Seepferdchen ist und Pfützen und Matsch eher meidet. Was im Alltag sehr praktisch ist. Durchs Wasser gehen kann man üben, aber ansonsten hat man so gut wie immer ein sauberes Pferd. Während sich unsere Buben liebend gerne panieren und bis in die Ohren hinein im Dreck suhlen, steht Madame strahlend sauber daneben.

Apropos strahlend: Für mich ist meine Honey eine strahlende Schönheit, aber meine Sichtweise ist natürlich nicht so ganz objektiv. Deshalb habe ich sie auf eine Zuchtschau geschleppt, weil ich wissen wollte, wie rassekundige Zuchtrichter mein Pferd beurteilen. Dazu musste ich nach Deutschland. Kurz gesagt: Es war die Reise wert. Honey bekam die überdurchschnittlich hohe Bewertung von 81,5% und wurde ins Stutbuch I eingetragen. Noch dazu wurde sie Reservesieger auf dieser Schau und löste somit das Ticket zum Championat in Aachen im Rahmen der Q 17. Da ich als Reiter in diesem Leben ganz bestimmt nicht mehr dort mitspielen werde, nahm ich die einmalige Gelegenheit wahr, als Teilnehmer mit meinem Pferd dabei zu sein. Wir sind ganze 11 Stunden lang hingefahren, und Honey war bei der Ankunft müde, aber völlig unaufgeregt. Auch das gewaltige Stadion und das ganze Remmidemmi  dort hat sie nicht aus der Ruhe gebracht. Ich liebe mein Pferd! Sie hat sich wacker geschlagen unter all den Profis und darf sich nun fünftbeste Quarter Horse Zuchtstute Deutschlands  2017 nennen. Honey ist das ganz bestimmt völlig egal, aber ich bin schon sehr stolz darauf, was aus meiner „Katze im Sack“ geworden ist.

Es hat mich übrigens erstaunt, wie viele Leute mich auf der Zuchtschau auf mein Pferd angesprochen haben. Wie schön es sei, mal wieder ein richtiges Quarter Horse im ursprünglichen Ranchhorsetyp zu sehen. Heute würde man nur noch lauter Spezialisten züchten, winzig kleine Cuttingponies oder  himmellange Pleasurepferde, und die Vielseitigkeit, wegen der die Rasse so beliebt wurde, würde immer mehr auf der Strecke bleiben. Meine Ansicht wurde voll bestätigt: Honey ist sowohl im Interieur als auch im Exterieur ein richtiges Allroundpferd, und zwar nicht im turniermäßigen Sinne, wo “Allrounder” eher für einige Spezialdisziplinen steht, sondern im praktischen. Obwohl sie durchaus Potential für die Show hätte, wenn ich das wollte und könnte. Sie hat Talent für alle Westerndisziplinen und macht auch sonst alles mit, egal, ob Wanderreiten, kleine Kinder herumtragen oder brav auf dem Reitplatz stehen, während ich Hindernisse aufbaue oder vom Sattel aus ein paar Äste kürze, die mir im Weg sind. Dabei versinkt sie in den standby-Modus, während die Zweige rascheln, das Holz bricht und das ganze Grünzeug um sie herumfliegt. Sie hat wirklich einen Traumcharakter.

Meine Tochter hat vor Jahren mit mir ein Westernturnier besucht und gefragt, warum  da so viele Erwachsene auf Ponies reiten. Tatsächlich herrschte dort ein Schlag sehr kleiner Pferde mit vielleicht 1,42m bis 1,45m Stockmaß vor. Pfeilschnell und athletisch, aber mit winzigen Hufen auf Spaghettibeinchen. Und oben drauf oft nicht gerade zierliche Männer, deren Sporenrädchen fast auf dem Boden mitrollten. Mir persönlich gefällt ein Pferd mit etwas mehr Kaliber und Größe und einem dazu passenden Fundament einfach besser.

Honey hat richtig viel Substanz, ich habe also auch mit ihrem Äußeren das Glück gehabt, mein absolutes Wunschkonzert zu bekommen. Sie ist 1,56m groß, hat einen Brustumfang von 2m und sieht aus wie die berühmten Hengste aus ihrer Ahnentafel. Allem voran Doc Bar, von dem sie ca. 14% Blutanteil trägt. Nicht umsonst hat sie auf der Zuchtschau über 85% für ihr Gebäude bekommen. Auf so einem Pferd sieht auch ein gestandener Mann nicht lächerlich aus. Ihre gute Rückenlinie wurde besonders gelobt. Auch das Fundament ist entsprechend kräftig. Das Sahnehäubchen sind ihre großen Hufe, die zu einem Pferd dieses Kalibers passen. Mein Schmied beschlägt sie mit 3er Eisen, die er auch für seinen Warmblüter verwendet. Noch dazu ist sie auf alle bekannten Erbkrankheiten negativ getestet und als Draufgabe von Mutter Natur reinerbig schwarz, das gibt es bei den Quarters nicht so häufig.

Erwähnenswert finde ich auch, dass Honey überhaupt kein Stutengehabe hat. Ihre Rosse ist meistens ganz still, und wenn man mal etwas davon merkt, dann ist das eher angenehm. Sie ist noch aufmerksamer und rittiger als sonst. Sie wird nicht langsamer, drängelt nicht zu anderen Pferden, zickt nicht herum und hat auch keine Probleme mit starkem Ausfluss.

Fazit: Honey ist das Pferd meiner Träume, ein once-in-a-lifetime-horse.